An der Brüder-Grimm-Schule durfte ich an zwei unterschiedlichen Tagen hospitieren. Ich war zunächst im Kunstunterricht einer 7 ten Klasse und ein paar Tage später im Deutschunterricht einer 3 ten Klasse zu Gast.
Du solltest heute…
… dein Motiv beenden
… einen geeigneten Hintergrund gestalten
… ein bisschen was Süßes essen
Whiteboard im Kunstraum der Brüder-Grimm-Schule
War das erste, was mir ins Auge fiel, als ich den sehr aufgeräumten Klassenraum für den Kunstunterricht betrat. Leider gab es keine Zeit für eine vorherige Besprechung mit der Kunstlehrerin, wir trafen uns kurz vor Beginn des Unterrichtes, wo sie mir beim Treppensteigen kurz berichtete, dass die halbe Klasse nicht da sei, weil die muslimischen Kinder das Opferfest feierten und somit am Unterricht nicht teilnahmen.
Da es sich auch um die letzte Kunststunde vor den Ferien handelte, hatte sie eine Packung Kekse mitgebracht, die für die Kinder als kleine Anerkennung gedacht waren. Sie bot mir auch einen an, eine nette Geste.
12 Schüler:innen betraten den Klassenraum und holten sich nacheinander vorne am Pult ihre bereits begonnenen Bilder ab, dann wurde ich kurz vorgestellt und beantwortete den Kindern Fragen.
Ein Mädchen, welches 3 Federtaschen auf dem Tisch liegen hatte, kam nach vorne und benötigte Unterstützung bei der Farbauswahl für ihren Hintergrund. Sie kam überhaupt nicht in den Flow zum Malen, da sie ständig hörbar an ihrer Arbeit herum kritisierte, die Lehrerin reagierte einmal kurz und widmete sich dann einem anderen Schüler, der eine Frage hatte.
So richtig voran kamen nur die beiden Jungen, die weiter hinten an einem Tisch saßen und sichtlich Spaß am Malen hatten.
An einem anderen Tisch weiter hinten, saß eine Gruppe von 5 Mädchen, vier vervollständigten ihre Bilder und eins hatte nicht einmal ein Blatt Papier vor sich liegen. Im Anschluß an den Unterricht fragte ich die Lehrerin, warum das eine Mädchen überhaupt nicht mitgemalt hat. Meine Vermutung war:
„Arbeitsverweigerung“!
Die Kunstlehrerin klärte mich auf: „Sie gehört gar nicht in diese Klasse, sie ist nur lieber in der Schule, als Zuhause.“
Ich kam mir richtig blöd vor und ärgerte mich auch über mein Vorurteil und auch über die Lehrerin, wenn sie dass wusste, warum hat sie ihr kein Angebot gemacht? Sie hätte doch auch etwas malen können oder ihre Hausaufgaben fertig machen können. Ehrlich gesagt war ich froh als ich die Schule verlassen hatte, denn diese Situation hat mich an meine frühere Schulzeit erinnert.



Saubere Umgebung, klare Regeln
Wie sie auf Bild 1. und 3. zu sehen sind, habe ich an dieser Schule mehrfach gesehen, sowohl bei den 1-4 Klassen, als auch bei den 5-10 Klassen. Einzig die „eigenen Regeln“ auf Bild 2:
„Für immer freundlich sein und lächeln“,
lassen hoffen, dass die Schüler:innen ihren Weg gehen werden.


Zweiter Teil der Hospitation an der Grundschule Querkamp
Für diesen Termin hatte ich im Vorwege schon große Schwierigkeiten, die Lehrerin zu erreichen. Als es endlich gelang, schlug ich auch ihr vor, dass wir uns mindestens 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn treffen sollten, damit wir uns kurz kennenlernen und miteinander abstimmer konnten. Sie meinte 5 Minuten würden auch reichen, ich musste dann noch genau erfragen, wo wir uns konkret treffen, da ich ja weder die Schule noch ihren Klassenraum kannte. Ich war also 10 Minuten früher da und fragte mich zum Lehrerzimmer durch, dort war die Lehrerin aber noch nicht, als ich dann im Gang stehen blieb, fragte mich eine andere Lehrerin auf wen ich warte, nachdem ich es erklärt hatte, brachte sie mich zu der Deutschlehrerin, die mich dann ziemlich wortkarg mit zur Klasse nahm. Unmittelbar vor dem Klassenraum meinte sie nur: „Ich weiß gar nicht, was Sie hier machen wollen.“ Ich schlug ihr vor, dass ich eine Lesung mit anschließender Fragerunde machen könnte, sie aber selbstverständlich auch einfach ihren Unterricht machen könne und ich lediglich zusehe. Die zweite Variante gefiel ihr besser, bevor ich noch weitere Vorschläge machen konnte oder mich mit ihr abstimmen konnte, füllte sich die Klasse und eine Sozialarbeiterin kam herein und stellte sich mir vor. Sie erzählte der Lehrerin, dass eine Schülerin noch etwas brauche, um in die Klasse zu gehen und sie würde sie auch bei Bedarf begleiten. Diese Schülerin hatte ein schweres Trauma, warum wurde mir nicht erzählt, wäre auch vor der ganzen Klasse gar nicht möglich gewesen. Das Mädchen war aber zum Glück stabil und setzte sich an ihren Platz, wo sie von anderen Mitschüler:innen freundlich begrüßt wurde.
Im weiteren Verlauf des Unterrichtes stellte sich heraus, dass ein Schüler unter „Mutismus“ leide und er somit nicht sprach. Auch das ein Hinweis, den ich gerne vor Unterrichtsbeginn erhalten hätte.
Die Pause durfte ich dann mit der Praktikantin, die auch vor Ort war, verbringen, weil in der zweiten Stunde der Englischunterricht stattfand.
Während der Pause fiel ein Schüler, der praktisch für den Schüler mit Mutismus das Sprachrohr und offensichtlich sein bester Freund und Vertrauter war, direkt neben mir auf die Knie. Er weinte sehr und hatte sich sowohl das Knie als auch den Arm aufgeschürft. Ich fasste vorsichtig auf seine Schulter um ihn ein wenig zu trästen und sagte ihm, er solle zum Lehrerzimmer gehen, dort würden seine Wunden versorgt werden. Er ging nur kurz weg, kam wieder und meinte: „Alles in Ordnung“.
Englischunterricht nach Noten
Von der Praktikantin wurde ich dann wieder bis in den Klassenraum begleitet, wo auch schon alle Kinder wieder eintrafen. Als die Englischlehrerin hereinkam, stellte ich mich ihr vor und warum ich heute da sei. Sie wusste von nichts und ließ mich aber dennoch im Raum verweilen.
Es war die letzte Woche vor den Ferien und so durften sich die Kinder etwas aussuchen, sie wählten ein Tanzvideo, was die Lehrerin auf dem Whiteboard auch sofort startete. Alle Kinder sprangen begeistert auf und tanzten zu den Vokabeln, der Farben, den Text auswendig mitsingend.
Obwohl die Kinder ausgelassen und ausgelastet mitmachten, war die Lehrerin „not amused“, vielleicht lag das an den weiteren Songwünschen der Kinder.
Klassenrat für wenige
In der darauf folgenden Stunde war die Klassenlehrerin wieder da und die Kinder sollten ihre Themen für den Klassenrat sammeln. Es meldeten sich gleich sechs Kinder und ein Kind wurde eingeteilt, die Stichworte und die Reihenfolge, der Meldungen zu notieren.
Ein anderes Kind übernahm eine Art Moderation des Ganzen. Als ein Mädchen sein Problem der letzten Woche vorstellte, meldete sich ein Junge und wartete von der Lehrerin aufgerufen zu werden, was nicht geschah.
Das Mädchen sprach weiter und andere Kinder meldeten sich zu dem Thema ebenfalls zu Wort, der Junge gab immer noch Handzeichen, kam aber auch nach dem zweiten Kind, welches ein neues Thema ansprach, nicht dran.
Sehr freundlich fragte er dann: „Kann ich auch noch ein Thema für den Klassenrat anmelden?“ Die Antwort der Lehrerin: „War, nein, jetzt nicht mehr!“
Wie er dennoch ruhig blieb, war mir ein Rätsel, denn es war der letzte Klassenrat vor den Sommerferien. Nach meinem Empfinden wäre auch noch genug Zeit gewesen um ihn zuhören.
Mit welchem Gefühl geht dieser Junge nun in die Ferien?
Für mich waren bei dieser Hospitation die Kinder und ihr sehr soziales Verhalten ein besonderes Erlebnis, ich würde mir von den Lehrerinnen, die ich dort auch nur auszugsweise und kurz vor den Ferien erlebt habe, ein ebensolches Verhalten wünschen.
Vielleicht sind sie ja nach den Ferien erholter und motivierter, dass wünsche ich mir auf jeden Fall für ihre Schüler:innen von Herzen.
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